Zur Geschichte des „Stöckhofs“ in Kalchreuth

(Erlanger Straße 5/7, alte Haus-Nr. 17/18)

Bertold FRHR. v. Haller

 

Dieser Hof wird erstmals in einer heute noch im Hallerarchiv erhaltenen Urkunde vom 11. Oktober 1374 erwähnt. Damals verkauften die Brüder Bertold, Franz und Konrad Pfinzing ihre Besitzungen in Kalchreuth, darunter einen Hof mit Hirtenhaus und 70 Morgen Äckern „auf dem Stockach“ und 5 Tagwerk Wiesen im „Pozzenbach“, sowie einem Zehnt auf diesen Flurstücken an den Nürnberger Bürger Leupold Schürstab. Sowohl die Pfinzing als auch die Schürstab gehörten zu den Familien, die im Nürnberger Rat saßen, also seit dem Mittelalter die Geschicke der Reichsstadt bestimmten.

Sie bewirtschafteten den Hof nicht selbst, sondern gaben ihn einem Bauern als sogenannten „Erbinhaber“, der dafür genau bestimmte Abgaben an die Grundherrschaft zu leisten hatte. Diese werden 1497 zum ersten Mal genannt: je 4½ Sümmer Korn (Roggen) und Hafer, 2 Gulden anstelle von Käse, 120 Eier, 6 Herbsthühner und 4 Fastnachthennen.

Der Hof war Reichslehen, d. h. es musste jedesmal vom deutschen König bzw. Kaiser ein neuer Lehenbrief ausgestellt werden, wenn - wie hier - der Inhaber wechselte oder wenn in Deutschland eine neuer König auf den Thron kam. Einige dieser Lehenurkunden haben sich bis heute erhalten.

Der Zehnt, für den 1497 weitere 5 Sümmer Hafer geliefert werden mussten, war dagegen ein Lehen der Herren von Hohenlohe-Brauneck (später der Herren von Eyb). Diese hatten ihn wahrscheinlich von den 1315 ausgestorbenen Reichsministerialen von Gründlach geerbt. Daher ist anzunehmen, dass der Stöckhof, dessen Grundstücke nicht wie bei den anderen Kalchreuther Höfen über die Flur verteilt waren, sondern in einem einzigen Block an der Straße nach Heroldsberg lagen, ursprünglich ein Einzelhof außerhalb des Dorfes war, der wohl schon um 1300 bestanden hat.

Vermutlich in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts gelangte der Hof an die Haller, die 1342 bereits den größten Teil des Dorfes von den Burggrafen von Nürnberg (seit 1417 Markgrafen von Brandenburg) erworben hatten und in der Folgezeit ihren Besitz arrondierten. 1439 hatte der damalige Erbinhaber Ott Rösner erhebliche Schulden bei seinem Grundherren Andreas Haller, die er 1441 zurückzuzahlen versprach. 1452 wurde der Hof dagegen vom jungen Cuntz Hofmann bewirtschaftet und 1513 erhielt ihn Cuntz Klappermann zu Erbrecht. Dieser wird 1536 und 1548 noch als Besitzer genannt, 1569 und 1571 ein Hans Klappermann.

Ab dem 17. Jahrhundert fließen die Nachrichten reichlicher. 1609 erscheint der Hof im Besitz eines Cuntz Behaim, von dem es 1611 heißt, dass er seiner „Verbrechen“ wegen 11 Wochen in den Turm bzw. ins Lochgefängnis gesperrt wurde; der Grund hierfür ist nicht bekannt. Danach übernahm offenbar Lorenz Starck den Hof, der dann aber um 1612/13 geteilt worden sein dürfte. Die eine Hälfte verkaufte er an Fritz Negwein, die andere an Hans Wölfe], der sie 1619/20 an Jakob Behaim weiterveräußerte. 1627 übernahm Christoph Boschinger diesen halben Stöckhof, verkaufte ihn aber schon im Jahr darauf an Hans Mauser. 1632 werden er und Fritz Negwein noch als Besitzer erwähnt.

Bereits 1618 hatte aber der Dreißigjährige Krieg begonnen. Im Sommer 1632 lagen sich die Heere des Kaisers unter General Wallenstein und des schwedischen Königs Gustaf Adolf monatelang bei Nürnberg gegenüber. Als der Versuch der Schweden, das befestigte Lager Wallensteins an der Alten Veste (bei Fürth) zu stürmen‚ scheiterte, zogen die beiden Armeen endlich ab, weil das ausgeplünderte Land sie nicht mehr ernähren konnte. Ein großer Teil der Bevölkerung auf dem Land war inzwischen verhungert oder an Krankheiten wie der Pest gestorben.

Kalchreuth hatte zwar weniger Schäden erlitten als etwa die Dörfer im Knoblauchsland, aber hier hatten ebenfalls viele Bauern ihre Höfe aufgeben müssen oder waren umgekommen. Auch der geteilte Stöckhof wurde einige Jahre nicht bewirtschaf'tet. 1635/36 vermerkte der damalige Grundherr Tobias Haller von Hallerstein, dass er nur aus dem Ertrag der Obstbäume und einiger Wiesen geringe Einnahmen hatte. 1637 - 1639 wurden aber bereits wieder die Gebäude repariert und seit 1638 die beiden Halbhöfe zunächst verpachtet.

1649 fanden sich mit Georg Frisch und Peter Hochmuth wieder zwei Bauern. die den Stöckhof von der Hallerschen Grundherrschaft erwerben Sie hatten ihn bereits im Jahr zuvor pachtweise bewirtschaftet. Frisch erhielt die spätere Haus-Nr. 17; ihm folgten 1671 Thomas und 1696 Philipp Weber. 1700 Erhard und 1706 Peter Stöhr, 1722 Konrad Saß, 1743 der Schwiegersohn Fritz Friedrich, 1779 Johann Friedrich und 1814 der Sohn Johann Bartholomäus Friedrich. Dieser Halbhof war vorübergehend nochmals geteilt worden; das andere Viertel übernahmen 1720 Hans Jakob Link und 1759 Hans Ulrich Link. Später wurden die beiden Teile offenbar wieder vereint.

Den anderen halben Stöckhof (spätere Haus-Nr. 18) hatte 1649 Peter Hochmuth erworben. 1690 übernahm ihn der Sohn Hans Hochmuth um 600 Gulden, der ihn aber 1695 an Hans Brunner um 1000 Gulden verkaufte. 1727 ging der Halbhof für nunmehr bereits 1600 Gulden an den Schwiegersohn Konrad Behem über‚ der ihn im Jahr 1770 seinem (künftigen) Schwiegersohn Simon Böhm (der mit des Verkäufers Tochter Margaretha verlobt war) für 2000 Gulden überließ.

Nach dem Kaufprotokoll vom 20. Januar 1770 bestand der Halbhof aus einem Wohnhaus, Stadel, Backofen, Brunnen, Keller und Schweinestall. dazu Hofreit (Hofraum) und Garten, einem Weiherlein (etwa 2 Tagwerk groß), 10 Tagwerk Wiesen und 16 Morgen Feldern [wohl ein Schreibfehler, tatsächlich müssen es mehr Äcker gewesen sein! 1835 gehörten insgesamt gut 50 Tagwerk Grund zum Hof]. Als unentgeltliche Dreingabe kamen dazu 2 Pferde, 1 Kuh, 1 Wagen mit Zubehör, Winden, 2 Pflüge, 4 Eggen, das Stadel- und Bauernzeug, 1 Breche, 2 Strohbänke, Schleifstein, Stopftrog mit Stopfmesser, Hackbänke, Fleischstock, Bosselzeug, Kraut- und Fleischgeschirr sowie ein Ehehaltenbett.

Außerdem behielt sich der Verkäufer den freien Winkel (Altenteil) vor, incl. Holz und Licht, die Tenne und hintere Bodenkammer, einen Schweinestall und die Haltung einer Kuh; dazu das obere Tagwerk Wiese am Buchsenbach, 6 Beete Erdbirn (Kartoffeln), 6 Beete Pfoschen (Steckrüben), 2 Beete Flachs. 1½ Sümmer Korn, 1 Metz Erbsen, ½ Metz gemachte Hirse‚ ½ Metz gemachte Gerste. ¼ vom Obst im Garten, 4 Zwetschgenbäume und ein Pfalzgräfen-Birnbäumlein in der Stöck. Wenn aber der Verkäufer keine Kuh halte, müsse der Schwiegersohn zusätzlich 25 Pfd. Schmalz und 25 Pfd. Rindfleisch liefern; außerdem habe er ein Schwein von 50 Pfd. zu mästen, 60 Eier und die nötige Milch zu geben.

1798 übernahm den Halbhof der Schwiegersohn Leonhard Leipold um 2200 Gulden und laut Kaufprotokoll vom 7. Oktober 1834 dessen Sohn Friedrich Leipold (verlobt mit Anna Paulus aus Kalchreuth) um 2300 Gulden, wovon aber 550 Gulden für die Dreingabe abgezogen wurden.

 

Aus einem Brief von Bertold von Haller an Ernst Schön